Restauration einer LeadStar 1
Restauration und Reparatur einer Musima Lead Star der ersten Generation
Die Vorgeschichte:
Heute kam ein Musikfreund in mein Büro und holte aus seinem Gigbag eine 21-bündige schwarze Leadstar erster Generation .
Er hatte diese bei Eb@y für ein paar Euro als "VINTAGE Gitarre" ersteigert.
Was mich hier anschaute war aber keine vintage Gitarre, sondern - eine auf skurrilste Weise mit einer Flex dilettantisch zerschundene E-Gitarre.
Auf den Bildern kann man gut erkennen, wie eine Gitarre "Fachmännisch" auf alt getrimmt wird - mir standen fast die Tränen in den Augen.
Die Gitarre wurde erst einmal kritisch begutachtet und nachgeschaut, was eventuell alles repariert werden muss.
Hierbei habe ich nun festgestellt:
- der Gitarre fehlten zwei Potiknöpfe in f@ndertypischer Hutform - aber - mit Steckachsenaufnahme 4mm und abgeflachter Achse - halt typisches DDR-Fabrikat.
- der Vibratohebel fehlte - hier passen aber auch die originalen mit 6mm Gewinde.
- die Bünde scheinen nicht original - muss noch überprüft werden - eventuell ist ein Abrichten nötig.
- die Wirbelmechaniken mit abnehmbarer Staubkappe haben noch nie Fett geseheh,
- der Hals ist ansonsten in Ordnug - der Halsstab lässt sich gut einstellen und ist leicht gangbar.
- der Body weist keine Risse oder Leimungsschäden auf wie z.B. bei meiner grünen LeadStar 4. - muss nur restauriert werden
- das Tremolo ist ok und funktioniert gut, die Einstellschrauben für die Saitenreiter haben die richtige Länge und müsen nicht gekürzt werden.
1. Arbeiten am Body :
Nach der Demontage aller Teile sollte der Body nun erst einmal vom Lack befreit werden, damit man die Tiefe der Schleifkerben bestimmen kann.
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mit einem Heißluftfön vorsichtig angewärmt, ließ sich der Lack
(scheinbar PUR-Lack | 2-Komponenten Polyurethan) problemlos in schmalen Streifen regelrecht abschälen.
Positiv - das Holz war nicht grundiert - also hatte ich sofort die Maserung im Blick. -
Heraus kam - 5-teiliger Body - wenn man das überhaupt so nennen kann, d.h.:
- Decke und Boden sind ( nur für die Optik ) mit einer 1,5 - 2mm dicken Furnierschicht aus Ahornholz hergestellt.
- Darunter aus 3 Blöcken verleimt, ein ca. 4,3cm dicker Holzblock aus Linde, womit sich sicher auch das Gewicht von 1,9 kg begründet.
2. Arbeiten am Pickguard und der Elektrik:
Das Schlagbrett der Gitarre war eins-zu-eins einer original F@nder-Strat nachempfunden. Alle Löcher passten, bis auf die Bohrungen des 5-Wegeschalters.
Da das Pickguard von der Flexerei an den Kanten Brandstellen aufwies, wollte ich ursprünglich dieses gegen ein F@nder austauschen. Allerdings hätte das bedeutet, dass ein neuer 5-Wegeswitch eingebaut werden müsste. Weil der original MUSIMA-Schalter aber entschieden robuster als ein F@nder ist, entschied ich mich, dass Pickguard zu restaurieren.
Die fehlenden Potiknöpfe für 4mm Achsen konnten wie erwartet nicht beschafft werden.
So spendierte ich der Gitarre gleich noch drei neue hochwertige Potentiometer.
Original waren folgende Potis montiert und wurden alternativ gegen neue ausgetauscht:
- Volume - 220kOhm linear - ersetzt durch B 250kOhm lin
- Ton (1) - 220 kOhm log. - ersetzt durch A 250kOhm log.
- Ton (2) - 220 kOhm lög. - ersetzt durch A 250kOhm log
Weil die neuen Potentiometer ein 8mm Gewinde und im Pickguard die Bohrungen 10mm besaßen, wurden Distanzbuchsen mit 10mm Außen- und 8mm Innendurchmesser mit einer Länge von 4mm angefertigt und auf die Potis aufgesteckt. Hierauf steckte ich die originalen Unterlegscheiben mit der Drehsicherung (Kerbstanzung) und verklebte alle Bauteile. Hiermit wurde die Verdrehsicherung im Pickguard sichergestellt.
Die neuen Potiknöpfe bestellte ich vorerst in 5 verschiedenen Farbnuancen.
Aus diesen Farbvarianten wählte ich die am besten zu den vergilbten Tonabnehmerkappen passenden aus.
Nun zerlegte ich die Elektrik, um dem Schlagbrett wieder ein schönes strahlendes Aussehehen zu verpassen.
Zuerst wurden alle Plastikteile mit Seifenlauge gründlich gereinigt und vom jahrelangen Keim befreit.
Die Pickupkappen und der Switchknopf wurden mit einem feinen Fließ bearbeitet ohne die Vergilbung zu entfernen - diese sollte ja erhalten bleiben
Die Brandspuren an den Kanten des Pickguards wurden mit feinem 800-er Schleifleinen entfernt und alles mit Schleifpaste und Wolllappen leicht poliert.
Beim auseinandernehmen der Elektrik fiel die stabile Abschirmfolie vom Pickguard herunter - sie war vom Hersteller nicht fixiert worden. Diese wurde mit Sprühkleber wieder angebracht, um ein Verrutschen auszuschließen.
Jetzt konnte das so wieder hergestellte Schlagbrett mit den Tonabnehmern, neuen Potis und fast originalen Potiknöpfen bestückt werden.
Zum Schluss alle Schalterstellungen und Masseverbindungen durchgeprüft - fertig.
3. Arbeiten am Hals + abrichten:
Beim Spielen bemerkte ich, dass der Hals bzw. die Bünde nicht ganz i.O waren So entschied ich mich, die Bundstäbchen abzurichten. Hierbei bemerkte ich, dass diese scheinbar nicht mehr original von MUSIMA waren - viel zu weich und füllten die Bundkerbe nicht aus. Gerade bei den letzten drei Bünden zeigte sich, dass hier schoneinmal neu Bundiert wurde. Die Frets waren zu hoch und mussten abgeschliffen werden. So richtete ich den gesamten Hals ab und verrundete und polierte dei Bundstäbe neu.
4. So - der Body ist da
Heute kam der Body aus der Lackierwerkstatt. Was hier mein Musikkollege aus der Tasche zog war erschreckend. Ein Lackierer der so `ne besch... Arbeit abliefert, hat den Berufsnamen nicht verdient.
Der gesamte Lack war matt und sah fast wie Ledereffekt aus - man sieht es auf den Bildern. Da mein Musikfreund nicht noch mehr Arbeit investieren wollte und mit der Oberfläche so leben konnte, fing ich also an, die Fräsungen mit Abschirmfolie auszukleiden.
Danach wurde das Tremolo und das Pickguard montiert.
5. Jetz heißt es, Hochzeit mit Gitarrenbody:
Etwas wehleidig über den so mißlungenen Gitarrenbody, montierte ich den Hals. Schön das die Halstasche sauber gefräst war - der Hals ging saugend hinein.
Nun hängte ich die Tremolofedern - erst eimal 3 Stück - ein und koplettierte die Gitarre insgesamt. Als Saiten war ein 10-er Satz gewünscht, da musste ich erst einmal abwarten, wie das Tremolo reagiert.
Nun wurden die Saiten aufgezogen und grob durchgestimmt. Hierbei bemerkte ich, dass auch die originalen Federn durch weichere ersetzt waren. Also 4. Feder montiert und Tremolo ausprobiert. Wie ein vintage Tremolo justiert wird könnt Ihr hier nachlesen:
Einstellung & Justage eines Vintage-Tremolo
Das Tremolo wurde so eingestellt, dass es schwebend auf dem Body sitzt, d.h. Bendings in beide Richtungen (up + down) sind möglich.
Die Stimmstabilität ist bei diesem Tremolo absolut gegeben - ich hatte da bei MUSIMA-Brücken noch nie Probleme. Ich hoffe nur, dass der Lack sich unter der Bridge nicht abreibt - man wird sehen.
Nun musste die Bundreinheit und die Saitenlage an den Böckchen eingestellt werden - wie immer bei den Markneukirchner Gitarren - waren die Madenschrauben ziemlich lang, so dass diese sehr weit aus den Böckchen ragen. Weil das meinen Musikkollegen aber nicht störte, blieben diese in Originalzustand und wurden nicht gekürzt. Die Gitarre wurde jetzt nochmal sauber durchgestimmt und die Halskrümmung überprüft und mit dem Trusrod eingestellt. Nach dieser Einstellung war eine Neujustage und Feineistellung der Böckchen erforderlich, um eine optimale Saitenlage zu erreichen.
6. Test der fertigen Gitarre und Fazit:
Jetzt kommt der Moment, wo sich zeigt was dieses Instrument so drauf hat.
Beim Abrichten war mir schon aufgefallen, dass der 19.-Bund etwas tiefer lag als alle anderen - das machte sich jetzt bemerkbar. Auf der tiefen E- und auf der A-Saite schnarrte der Ton in besagten Bund etwas. Mehr Abrichten wollte ich nicht, damit die Bundstäbchen nicht zu flach werden - hier hatte der "Bundierer" vor mir Mist gemacht. Eigentlich hätte hier ein neuer Bund reingehört aber mein Musikkollege spielt da Oben nicht und der Aufwand erschien Ihm zu groß. Ansonsten war die Bespielbarkeit absolute Spitze - richtig etwas für flinke Finger. Top Saitenlage, gerade mal 1,8 mm am 21.-ten Bund - das ist mehr als o.k.
Nun das Teil an den Amp gestöpselt - mal sehen wie die Singlecoils sich machen.
Der Sound ist MUSIMA-typisch. Schmatzende Riffs bei aufgezogenem Tonregler, grungelnd bei zugezogen Poti. Gute Einstellbarkeit des Tones wie bei meiner mit den Single-Coil-Humbuckern. Der Stegtonabnehmer besitzt in dieser Beschaltung keine Klangreglung, d. h. glasklarer Ton bei Solostellung des Bridge-Tonabnehmers. Bei Stellung 4 (Bridge + Middle) kann der Ton gut dem persönlichen Geschmack angepasst werden - von hohl klingend bis singend ist alles möglich - das gefällt dem Sr@t-Spezi.
Der mittlere Tonabnehmer in Solo (Stellung 3) klingt alleine etwas mittig, das liegt warscheinlich an der umgekehrten Polung - ich weis es nicht genau.
In Schalterstellung 4 (Middle + Neck) wird`s bassig. Hier macht sich wieder der Humbuckingeffekt zum mittleren Tonabnehmer bemerkbar - sehr schön für singende Leadsounds.
Zum Schluss Stellung 5 (Neck Solo). Hier wird es wieder etwas transparenter aber immer noch schön bluesig. Bei zugezogenen Tonregler gut stehender und singender Ton im HiGain-Bereich.
Alles im Allen wieder ein Projekt, dass sich wirklich gelohnt hat. Die Gitarre gefällt mir besser als eine 65-er F@nder - sehr gute Einstellbarkeit auch mit leicht zugezogenem Volume-Poti, top Saitenlage, schöner Ton mit viel Sustain - dieses Instrument macht einfach nur Spass.