Modifikation Aria Pro II
Modifikationen an der Aria Pro II "Mad Axe"
Arbeiten am Hals:
Da der Hals jetzt nun schon demontiert war, entschied ich mich, die Bünde abzurichten, an den Außenseiten neu zu verunden und insgesamt zu polieren.
Auch sollte das Griffbrett eine Reinigung erfahren und versiegelt werden.
Wie das genau funktioniert, habe ich bereits im Artikel Musima Leadstar iV / Bund und Hals abrichten dokumentiert.
Das Abrichten der Bünde wäre wohl nicht unbedigt nötig gewesen, da ich keine größeren Unebenheiten feststellen konnte.
Jedoch das nochmalige Verrunden und Polieren der Bundstäbe erhöht den Spielkomfort enorm und das Versiegeln des Halses mit Griffbrettöl war nach so vielen Jahren Trockenstand im Wohnzimmer doch unabdingbar geworden.
Desweiteren habe ich vorsichtshalber am Klemmsattel und dessen Klemm-Böckchen alle scharfen Kanten verrundet. Ofmals reisen die Saiten durch das Klemmen nur, weil diese nicht flächig fixiert werden, sondern mit Unebenheiten oder scharfen Kannten regelrecht weggeschnitten / abgequetscht werden.
Weil der Sattel an der Griffbrett-Auflage nicht plan war und nicht kraftschlüssig auflag, wurde dieser abgerichtet und weil ich die Saitenlage noch um ca. 0,8mm am 1. Bund absenken wollte, arbeitete ich die Sattelauflage am Griffbrett auch gleich nach.
Arbeiten am Body:
Nach dem ich das Pickguard der Mad Axe demontiert hatte, fiel mir sofort auf, dass hier komplett die Abschirmung fehlte. Weder auf dem Schlagbrett noch in den Pickupfräsungen war eine Abschirmung sicht- und messbar.
Also machte ich mich an die Arbeit, klebte die Böden der Fräsungen mit Kupferfolie aus - an die dann ein Massedraht angelötet werden konnte - und beschichtete die Seitenkannten mit Abschirmlack.
Weil mir die Lackierung im Federzugfach auf der Rückseite der Gitarre nicht gefiel, tat ich hier das selbe. Positiver Nebeneffelkt - die Federklaue hat eine zweite Masseverbindung.
Nun hieß es endlich Hochzeit, den Hals in die jetzt wirklich sauber und passgenaue Halstasche gesteckt und verschraubt, die Bolzen für die Tremolobefestigung eingesetzt und grob eingestellt und das Floyd provisorisch mit einer Feder fixiert.
Nun konnte der neu ausgearbeitete Halswinkel endgültig überprüft werden. Ein vom Steg bis zum Sattel reichendes aufgelegtes Lineal ersetzte die Saiten. Durch das Versenken der Bolzenbuchsen und der Bearbeitung der Halstasche, war jetzt eine optimale Saitenlage und Höhe einstellbar. Allerdings hat der Halswinkel jetzt einen 4 bis 5° Winkel erhalten, was aber dem Instrument insgesamt keinerlei Nachteile bringt.
Arbeiten an der Elektrik:
Wie schon erwähnt, musste ich eine Entscheidung für den Austausch der Tonabnehmer treffen. Was sollte es werden? Mein Musikfreund, der die Gitarre als Ponton zu seiner PRS-CE24 custom und Zweitgitarre für Stratsounds haben wollte, kam dann auf die "Schnaps"-Idee, man könne ja eine Steve Morse MM draus machen. Nach der Recherche zu den Preisen für die benötigten DiMarzio-Signatur-Pickups war die Idee dann auf einmal nicht mehr aktuell.
Außerdem hätte ich den Body für den 2-ten Bridgepickup noch weiter ausfräsen müssen, so dass nur noch `ne Wanne im Korpus übrig geblieben wäre - nee, nicht wirklich schön.
So überzeugte ich ihn zu einer Multi-Sound-Schaltung.
Hierbei sollte zum Einsatz kommen:
- 2 Humbucker für Neck- und Bridgeposition separat splittbar,
- 1 Singlecoil mit hoher Ausgangsleistung regelbar für den Mittenpickup
- 1 PushPull-Potentiometer zum Hinzuschalten des Neck-PUs
Weil durch den laminated Body ein hoher Dämpfungsgrad mit wenig Eigenressonanz zu erwarten war, entschied ich mich für Tonabnehmer, die in den Frequenzen viel Höhen- und Bassanteile reproduzieren.
Ideal war hier wiederum der mir so lieb gewordene MUSIMA-Humbucker, der komplett aus 2 gedrehten Singlecoils mit Ceramikmagneten besteht und auch gesplittet noch genügend "Bums" für Heavy-Metal-Sounds besitzt.
Als mittlerer SingleCoil-Tonabnehmer sollte ein DiMarzio Virtual Vintage Blues (8.18 kOhm ) oder der vielseitige Seymour Duncan Quarter Pound Flat™ SSL-4 (13,2 kOhm) RW/RP(mit gedrehter Wicklung und Polung) - der klanglich einen P-90 simuliert - zum Einsatz kommen.
Zufällig konnte ich bei einer 123-Auktion den gesuchten DiMarzio ergattern. Die Freude währte nicht lange - nach dem Einbau konnte ich keinen Wiederstand mehr messen. Als ich Ihn überprüfte sah ich, dass hier schon dran gebastelt wurde, ein Draht der Wicklung war ab - es war natürlich das innere Spulenende - und so musste ein neuer her. Nun bestellte ich bei Andreas Rall den Seymour-PU, der mir sowieso für dieses Projekt lieber als der DiMarzio war.
Mit diesem Malheur kam für mich eine neue Projektidee in den Sinn - eine Wickelmaschine für Tonabnehmer. Zu gegebener Zeit, werde ich diese Bastelei unter HOMEWORK Dies & Das veröffentlichen.
Weil ich das Aria-Originalpickguard nicht verändern wollte, musste ein neues her. Also ein origial-Str@t-Schlagbrett aus der Schublade geholt und auf die Gitarre gelegt. Ups - was war das jetzt - das passt ja überhaupt nicht! Das Aria-Pickguard ist viel kleiner und auch die Fräsungen sitzen an einer anderen Stelle. Erst jetzt ist mir auch die etwas andere - aber sehr angenehme - Bodyform der Aria-Strat aufgefallen.
So - nun ab in den Werkstattkeller und ein neues Pickguard mit meinem Pantographen gefräst. Als Vorlage (Schablone) habe ich das Aria-Teil und als Material für das zu fräsende provisorische Pickguard, 4mm Plexiglas verwendet. Das provisorische Plexiglasteil sollte erst einmal nur für den Test genutzt werden, wenn ich dann mit Bestückung und Schaltung zufrieden bin, dann sollte ein neues zur Gitarre passendes "schönes" angefertigt werden.
Bei dieser Gelegenheit veränderte ich gleich noch die Bohrungen, die für die Anordnung und Position der Potentiometer und deren Poti-Knöpfe verantwortlich sind. Bei Str@tgitarren stört mich immer der Knopf des Volumepotis. Bei abgedämpfter Spielweise - (auf die Saitenreiter aufgelegter Handballen) - muss ich immer meine Hand verdrehen, damit ich nicht die Lautstärke verstelle. Ich konnte mich bei der Origianalanordnung der Potis nie so richtig daran gewöhnen - immer störte dieser Potiknopf. Aber - für einblendbare (Violine-) Sounds musste das Poti für den kleinen Finger immer noch in akzeptabler Reichweite sein. Dieser Aspekt veranlasste mich auch zu der Wahl von Hutknöpfen im vintage Gibs@n-Stil, die sind etwas kleiner in ihrer Hutform und stören mich daher nicht so sehr, Außerdem wirken sie optisch mit ihrem Goldspiegel passender zur Goldhardware der Mad Axe. Bei späteren Tests mit verschiedendenen Str@t-Gitarrenfreunden, wurde mir dann auch von ihnen die bessere Anordnung der Potiknöpfe bestätigt - also nicht nur ich habe dieses leidige Problem.
Bei der Bestückung des Schlagbrettes verfluchte ich wiedermal die F@nderbauweise. Die Ausfräsungen für die Elektrik sind so eng bemessen, dass man gewillt ist, nur Micropotis und Switches zu verwenden. Aber ich bin von der Langlebigkeit dieser kleinen Bauteile nicht überzeugt - viel zu oft musste ich die Mini-Potis mit ihren kleinen anfälligen Schleifbahnen bei Gitarren gegen ordentliche austauschen. Jetzt konnte das Schlagbrett auf die Gitarre montiert werden.
Ach ja - dass ist noch Erwähnenswert:
Bei Gitarren mit Klemmsattel-System muss man nicht immer die Saiten demontieren, wenn man an die Elektrik möchte - der Arbeitsablauf ist folgender:
- Klemmsattel leicht lockern, so dass sich die Saiten entspannen lassen
- immer jeweils 2 Saiten unter Zug um den Bereich entspannen, der ausreicht, das Tremolo auszuhängen
- Saiten im Bereich des Halses straff (nach oben) ziehen und festhalten
- die Saiten mit den Klemmböckchen wieder fixieren
- die Federzüge ausgehängen, das Tremolo demontierten und beiseite legen.
- Nun kann das Pickguard problemlos demontiert werden.
Fertigmontage und Einstellarbeiten:
Nach dem Einhängen des Floyd und der Federzugmontage wurde die Gitarre grob gestimmt. Jetzt kann der Federzug so eingestellt werden, dass das Tremolo ziemlich waagerecht (parallel) zum Gitarrenbody steht.
Eine detailierte Berschreibung zum Einstellen eines Tremolos, könnt Ihr im Artikel MUSIMA LEAD STAR IV / Justieren enes Tremolos nachlesen.
Als nächstes habe ich die Halskrümmung überprüft. Da ich eine flache Saitenlage bevorzuge, habe ich den Hals zuerst am truss rod absolut gerade (ohne Krümmung) eingestellt - wohl bemerkt - das ist kein Standard und funktioniert nur in wenigen Fällen, bei denen der Halsradius und Bünde absolut passend zum Halswinkel und Tremolo optimiert sind. Für Gitarristen, die einen harten Anschlag bevorzugen ist das sowieso nicht empfehlenswert, hier sollte eine konkave Krümmung und etwas mehr Saitenabstand eingestellt werden.
Nun wurde die Gitarre akkurat durchgestimmt und die Federzugspannung im Federzugkasten so lange nachkorrigiert, bis das Tremolo seine optimale Endposition erreicht hat.
Test der Saitenlage:
Zum Ende der Einstellarbeiten, habe ich auf der tiefen e-Saite einen Saitenabstand von 0,8mm am 12. Bund erreicht - das ist mehr als optimal. Jetzt wird auf jedem Bund der "lupenreine" Klang getestet. Auf keinem Bund darf ein Scheppern oder gedämpftes Tonsignal entstehen. Ich schließe die Gitarre hierzu an einen Verstärker + Kopfhörer an. Schnarren und das Abklingverhalten der Saiten werden hiermit am besten festgestellt.
Ist dieser Test positiv verlaufen, wird das Verhalten beim Bending (Ziehen der Saiten mit dem Finger) ausprobiert. Bleibt der Ton beim Ziehen klar mit langem Sustain, dann ist alles Bestens. Habe ich beim Ziehen jedoch Sustainverluste, muss nachjustiert werden.
Das kann auf verschiedene Art und Weise und/oder in Kombination untereinander erfolgen.
- Nachlassen der Halskrümmung - in geringen Schritten - Stück für Stück, aber maximal 0,7 - 1,2mm am 7. Bund, natürlich bei gedrückten 1. und letzten Bund
-
Steg mit Einstellbolzen nach Oben drehen (Saitenlage erhöhen)
VORSICHT - die Messerkanten des Floyd-Trem sind empfindlich, Schaller hat z.B. gehärtete Messerkanten und Kerbbolzen und empfiehlt trotzdem die Saitenspannung bei Einstellarbeiten nachzulassen. - Saitenreiter (Böckchen) dem Halsradius anpassen - wenn Möglichkeit vorhanden
- beim FloydRose kann ein Nachlassen der Federzugspannung und leichtes Ankippen um 0,5 bis 1,5mm nach Oben schon zum Erfolg führen.
Was ein jeder für sich als optimale Variante empfindet muss er für sich ausprobieren und entscheiden. Spieltechnik, verwendetes Plektrum und Saitenstärke sind ausschlaggebende und grundlegende Faktoren für die endgültige Saitenlage.
Die Tonabnehmerschaltung:
Um die Klangvielfalt nochmals darzustellen, möchte ich auf die Pickup-Wahl speziell näher eingehen. Durch diese Modifikation der Schaltung sind insgesamt 17 Schaltungsvarianten der Tonabnehmer bei gezogenem (on) oder gedrückten (off) PushPoti möglich.
Schaltungsvarianten (9 pushpull off):
- S1 TA Neck - als SingleCoil solo
- S1 TA Neck - als Humbucker solo
- S2 TA Neck - als SingleCoil + Middle SingleCoil
- S2 TA Neck - als Humbucker + Middle SingleCoil
- S3 TA Mitte - SingleCoil solo
- S4 TA Mitte - SingleCoil + TA Bridge als Humbucker
- S4 TA Mitte - SingleCoil + TA Bridge als SingleCoil
- S5 TA Bridge - als Humbucker solo
- S5 TA Bridge - als SingleCoil solo
Auf den unteren Bildern nun die Varianten, die man mittels der verschiedenen Schalter wählen kann.
Schaltungsvarianten (8 effektiv nutzbar push pull on):
- S1 TA Neck - als SingleCoil + TA Bridge als Humbucker
- S1 TA Neck - als Humbucker + TA Bridge als Humbucker
- S1 TA Neck - als Humbucker + TA Bridge als SingleCoil
- S1 TA Neck - als SingleCoil + TA Bridge als SingleCoil
- S2 TA Neck als Humbucker + Middle SingleCoil + TA Bridge als Humbucker
- S2 TA Neck als Humbucker + Middle SingleCoil + TA Bridge als SingleCoil
- S2 TA Neck als SingleCoil + Middle SingleCoil + TA Bridge als Humbucker
- S2 TA Neck als SingleCoil + Middle SingleCoil + TA Bridge als SingleCoil
- S3 ---------------------WIEDERHOLUNG-------------------------------------------------
- S4 TA Neck als SingleCoil + Middle SingleCoil + TA Bridge als SingleCoil
- S4 TA Neck als SingleCoil + Middle SingleCoil + TA Bridge als Humbucker
- S4 TA Neck als Humbucker + Middle SingleCoil + TA Bridge als Humbucker
- S4 TA Neck als Humbucker + Middle SingleCoil + TA Bridge als SingleCoil
- S5 TA Neck - als Humbucker + TA Bridge als SingleCoil
- S5 TA Neck - als Humbucker + TA Bridge als Humbucker
- S5 TA Neck - als SingleCoil + TA Bridge als Humbucker
- S5 TA Neck - als SingleCoil + TA Bridge als SingleCoil
Auf den unteren Bildern nun die Varianten, die man mittels der verschiedenen Schalter bei gezogenem Push-Poti wählen kann.
Fazit:
Durch die umfangreiche Fehlerdiagnose und der hieraus resultierende Ausschluss aller Eventualitäten, die zum Sustain- bzw. Brillianz-Verlust an der Mad Axe geführt haben könnten, sind behoben worden. Ob jetzt das verleimen der Tremolo-Bolzenhülsen, der nicht satt aufliegende Sattel oder die mit Shim unterlegte Halsauflage Verluste produziert haben - ist nicht 100%-ig zuzuordnen aber mit aller Wahrscheinlichkeit in der Summe anzunehmen.
Erstaunlicher Weise scheint der lamiated Body keine größeren klanglichen Nachteile zu bringen. Das Pickguard mit dem gleichen Tonabnehmersetup auf einer anderen Gitarre mit durchgehenden Hals, FloydRose und Eschebody bei selbiger Saitenbestückung getestet, klang auch nicht anders und hatte auch nicht mehr Sustain - jedenfalls für mich nicht wahrnehmbar. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass es eigentlich egal ist, aus welchem Material der Gitarrenkorpus ist - oder? Das würde ja jetzt die Argumente der Edelgitarrenbauer komplett negieren - aber so weit will ich mich jetzt nicht aus dem Fenster lehnen sonst gibt`s Haue von den angesagten Gitarrengurus. Fakt ist - ich kanns nicht nachvollziehen und oder will es selber nicht glauben!
Was das neue Tonabnehmersetup anbetrifft - hier hat sich echt etwas getan. Der vintage F@nderklang der Pro-II-Pickups mit zu geringem "Bums" für HighGain-Riffs gehört der Vergangenheit an. Jetzt macht die Gitarre auch als Rockstr@t Spass. Oberwellen- und Flageolett-Töne kommen sauber und mit viel Sustain, der mittlere Pickup mit seinem P-90-Spektrum deckt den Ton-Mitten-Bereich ab und lässt sich dank separaten Volumepoti angenehm hinzumischen - von clean bis crunch. Das PushPull-Poti zur Kombination aller drei bzw. des Neck + Bridgetonabnehmers ist eine Bereicherung des Soundspektrums - kann man machen, für Bastler ein schönens Versuchsobjekt mit wenig Aufwand. Der Klang bei in Serie geschalteten Neck und Bridge Humbuckerbetrieb klingt schon Richtung Gibs@n, im Singlecoilmodus (alle Drei) simuliert es schon sehr eine Telec@ster-Gitarre mit billigen Lippstick-Pickup.
Hier muss ich eindeutig sagen, ein Tonabnehmerwechsel ist mit Sicherheit die erste Wahl, wenn es um die Anpassung einer Gitarre nach dem eigenen Soundvorstellungen geht - vorausgesetzt der Rest der Hardware ist in Ordnung.
Alles im Allen ein gelungenes Setup für relativ wenig Geld. Alleine die Musima-Pickups lassen sich für den Ersatz nicht mehr beschaffen und vergleichbare von anderen Herstellern kosten schon ein kleines Vermögen. Weggeben werde ich die Gitarre jedenfalls nicht mehr - erstens macht sie richtig Spass - ich fühle mich wohl auf diesem Instrument und zweitens übersteigt der Wert des neuen Setup den eigentlichen Kaufpreis um ein mehrfaches.
Und wieder erschreckend für mich - auch mit einer "Billig-" Gitarre kann man entspannt abrocken - let's go play at the time!