Krick 2-Zylinder Dampfmaschine 60er/70-er Jahre
Eine Krick 2-Zylinder- Dampfmaschine aus den 60/70-er Jahren - ich taufe sie hier "Victoria"
Vorgeschichte:
In den 80er-Jahren reparierte ich bei einer Bekannten mal irgend etwas an der Gastherme. Beim Kaffetrinken unterhielten wir uns dann über Dies und Das und ich erzählte ihr vom Bau der Eisenbahnplatte für meine Söhne. Da erwähnte sie, dass ihr verstorbener Vater Schiffsmodelle gebaut hat und sie irgendwo noch so einen Modellmotor von ihm aus dem "Westen" zu liegen hat. Wärend ich dann mit der Reparatur weiter machte, kam sie mit einem Karton unterm Arm und winkte mir zu, ich solle mal kommen.
Als ich in den Karton schaute, blinkte mich seeeeehr viel Messing an und sie fragte mich, ob ich damit etwas anfangen könne - sicher auch mit dem Hintergedanken über eine etwas preiswertere Reparatur ihrer Gastherme - sie würde mir diese auch schenken. Natürlich sagte ich nicht "nein" und nahm die Maschine mit nach Hause. Weil ich mir aber etwas schäbig vorkam, gab ich ihr ein paar Tage später - ich glaube es waren damals 50,- (Ost)-Mark - für die Dampfmaschine.
Im Zuge meiner ganzen Restaurationen der alten Dampfmaschinen, erinnerte ich mich wieder an den Schuhkarton von meiner Bekannten und fing an zu suchen. Bei meinen Eltern auf dem Boden wurde ich dann endlich fündig - sie war noch da.
Auf dem Bild von links nach rechts:
- 2-Zylinder Antriebsaggregat in kompletter Messingausführung (nur das Schwungrad und die drei Lagerböcke bestehen aus ALU-Guss)
- Kamin mit schönem gedrehten Messingkopf
- mit Holzleisten isolierter Rauchrohr-Kessel mit Brennraum
- Gastank mit Mischdüse und Brennerkopf
Was soll damit werden:
Zuerst kam mir der Gedanke, ein Schiffsmodell zu bauen. Aber da ich ja noch nicht wußte, in welchem Zustand die ganze Maschine ist und ich auch nicht Zeit ohne Ende besitze, mußte ich erst einmal prüfen, was hier alles repariert werden muss. Auf jeden Fall muss ich das Aggregat der Maschine auseinandernehmen und prüfen, ob alles so richtig montiert wurde. Dann sollte die komplette Anlage auf eine Messingplatte - oder besser "Wanne" kommen. Egal ob Einzelobjekt, Schiff oder Diorama - das Aggregat muss wasser- und feuerfest nach Unten hin montiert werden.
Internetrecherche:
Nun suchte ich im Internet nach diesem Dampfmaschinen-Typ und wurde bei Krick - aber auch nur teilweise - fündig. Diese Maschine wurde in den späten Sechzigern bis Siebzigern zu einem Dampfboot "Victoria" angeboten - entweder als Bausatz oder als Fertigmodell. Weil die angebotenen Fertigmodelle von Krick aber keine hölzerne Kesselisolierung und keine Isolierung für die Dampfleitung besaßen, musste diese hier ein Modellbausatz gewesen sein. Also schrieb ich an Krick, um eine Bauanleitug zu erhalten - die Anfrage blieb aber bis Heute unbeantwortet.
Weiterhin habe ich im Internet gelesen, dass diese Dampfmaschine von Wilesco für Krick in Auftrag gebaut wurde. Die verwendeten Teile bestätigen das - und wenn das so ist - so hat Wilesco mit dieser Schiffsdampfmaschine in Vollmessing-Ausführung wohl die beste, prezieseste, aufwendigste und teuerste Dampfmaschine gebaut. Die Details beschreibe ich nachfolgend.
Was hatte ich erhalten:
- Der Rauchrohr-Kessel ist eindeutig baugleich mit der von Wilesco stammenden D 456, mit langem Schauglas, Ø 65mm, Länge 175mm (500ml Volumen) aber zusätzlich mit Mahagoni-Leisten von Krick isoliert, die mit 2 Messingbändern (1 fehlt) gehalten werden.
- Innen war er stark verrußt und ich musste annehmen, dass der Gas-Brenner mal einen Flammenrückschlag oder keine Luft bekommen hatte - schien aber noch dicht zu sein.
- Am Kessel waren ein Sicherheitsventil, eine Füllschraube, ein langes Schauglas von Wilesco und eine isolierte Dampfleitung Ø 3,5mm montiert. Der vorhandene Kamin mit Messingtülde passt 1:1 zum Rauchrohrstutzen.
- Unten am Kessel dient als Sockel und Brennerkammer ein im Durchmesser angepasstes Messingrohr mit Brenneröffnung ohne Tür. Dieser Sockel wird mit zwei Winkeln auf eine vorhandene quadratische Messing- (Grund)platte + Isolierplatte aufgeschraubt und somit gehalten. Diese dient außerdem zur Befestigung des Gas-Brennerkopfes.
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Das Zylinderaggregat der "Victoria" aus massivem Messing ruht auf zwei Messingplatten, die durch vier Messingbolzen miteinander verbunden sind und drei Alu-Lagerböcken von Wilesco halten.
Wichtiger Vergleich - Hierzu muss ich etwas abschweifen und erwähnen, nämlich, dass dieses Aggregat nicht mit einem anderem Wilesco-Modell vergleichbar ist, auch wenn manche sogenannte "Dampfmaschinen-Spezialisten" dies immer wieder behaupten. Weder das nachfolgende von Krick angebotene Wilesco-Modell mit außenliegenden Zylindern (Bild rechts), noch die angebotenen Schiffsdampfmaschinen D48 und D49 von Wilesco, haben diese präzise Qualität in massiver Messingausführung zu bieten - bei den Nachfolgemodellen wurde dann doch schon erheblich eingespart.
Bei dem Modell mit außenliegenden Zylindern hat man die billig wirkenden gestanzten Kurbelscheiben aus Messingblech von einer Wilesco D12 verwendet - ganz im Gegensatz zu meiner "Victoria", die noch eine massive, echt geteilte, 90°-versetzte Kurbelwelle besitzt. Auch benötigte man für das Nachfolgemodell nur noch zwei Lagerböcke und das Schwungrad sitzt in der Mitte des Aggregates.
Die D49 von Wilesco war dann zwischenzeitlich eine V-Maschine, bei der natürlich auch schon eingespart wurde. Auf dem Bild rechts erkennt man die Kurbelscheibe für beide 90° versetzten, V-förmig angeordneten Zylinder mit mittigem Lagerbock, einseitig montierten Schwungrad und 4mm Abtriebswelle.
Alle diese Antriebsaggregate besitzen auf der Dampfleitung ein Umsteuerventil mit unterschiedlichen Qualitätsmermalen. Wenn man bei der "Victoria" noch von einigermaßen Dicht reden kann, so sind bei den Nachfolgemodellen erhebliche, unschöne Damf- und somit Kondenswasseraustritte zu verzeichnen.
Schaut man sich die Preise für die Nachfolgemodelle im Internet an, so legt man für die ältere Wilesco D49 ca. 400,- bis 450,- Euro hin. Das einzelne Aggregat für die neuere Schiffsdampfmaschine Wilesco D48 kostet alleine ca. 200,-Euro und komplett mit Kessel, Gasbrenner und kleinem Gastank ca. 450,-Euro.
Ich möchte jetzt nicht spekulieren - aber was ist die alte, hochwertig verarbeitete Krick "Victoria" heute dann wert? - einen Vergleich mit heutigen Dampfmaschinen kann man vergessen.
Schade, dass Wilesco nicht mehr diese Hochwertigkeit herstellt, Krick bietet heutzutage neben der einzigen Wilesco D52 nur noch hochwertige Maschinen von Regner an - vieleicht hat Wilesco das Marktpotential und den doch großen Kundenkreis für solche Dampfmaschinen unterschätzt.
Weiter mit dem Aggregat der Victoria und den technischen Details. Wie Oben schon benannt, besitzt das Aggregat eine zusammengesetzte Kurbelwelle die 3-fach - also Außen und in der Mitte mit 3 Lageböcken gelagert wird. Alleine dieser Umstand hat eine hohe Laufruhe der ganzen Maschine zur Folge. Rechts und Links der massiven 4mm starken Messing-Kurbelscheiben sitzen die Excenter für die Rundschieber gesteuerten, doppelt wirkenden Zylinder (Zug + Druckstufe).
Die Kolben/Zylinder haben einen Ø von 9mm + den Hub von 16mm,
macht einen Hubraum von 2 X 2,04 cm3 - also 4,1cm3.
Laut Aussage von Krick reich das aus, ein Schiffsmodell bis zu einer Länge von 1,2m zu betreiben. Weil die Zylinder doppelt wirken (vor und zurück mit Dampf versorgt), ist das Umsteuerventil auch einfach zu gestalten. Dieses kann mit dem Steuerarm an einer Servo zum Betrieb einer Fernsteuerung für Vor- und Rückwärtslauf genutzt werden. Die Mittelstellung am Ventil heißt dann "Dampf zu - Maschine aus". Das Aggregat ist Heiss- und Nassdampftauglich und mit einem geeigneten Dampfmaschinen-Öl (von Regner) auch relativ dicht. Ein kleiner Nachteil sind die zwei Dampfstrahlöler auf der Rundschiebersteuerung. Besser wäre ein Verdrängungsöler in der Zugangsleitung, der permanent die Zylinder mit etwas Öl versorgt - es kommt halt auch drauf an, wie lange man das Aggregat betreibt. Mit vollem Gas- und Wassertank soll die Maschine unter Last ca. 15 - 20 Minuten laufen - d.h. - beim neuen Betanken auch wieder Ölen.
Das Schwungrad auf der Abtriebswelle liegenden Seite hat den obligatorischen Ø von ca. 50mm. Ein größeres Schwungrad würde eine höheren Aggregatsockel benötigen und wär für den Schiffmodellbau wegen des zu hohen Schwerpunktes ungeeignet.
Sehr positiv an der Maschine ist, dass alle Dampfleitungen mit 5mm-Verschraubungen versehen sind. Hierdurch kann das Aggregat ohne Löten komplett zerlegt werden, und man bekommt alle Ersatzteile (außer den Kurbeltrieb) bei Wilesco zu kaufen. Die Dampf-Rohrisolierung aus Hanfgarn ist kein Standard und musste bei Krick hinzubestellt werden.
Rechts auf dem Bild - die beim großen "E" ersteigerte originale, zweisprachige, sehr seltene Montageanleitung von Krick. Wie schon vermutet, wurde die Dampfmaschine in zwei verschiedenen Ausführungen in Einzelteilen von Krick verkauft und musste erst noch fertig montiert werden. Jetzt bestätigte sich auch, dass die Dampfmaschiene die ich besitze, eine Schiffsdampfmaschine für die "Victoria" ist. Eine etwas preiswertere Variante war für das Dampf-Modell-Schiff "Patricia" gedacht - diese besitzt z.B. keine Kesselisolierung aus Holzleisten und keine Kaminrohr-Krone aus Messing. Sehr schön ist auch, dass ich hiermit - auf Grund der detailierten Zeichnungen und Bilder - die Maschine demontieren und wieder ordnungsgemäß zusammenbauen kann. Und nebenbei bemerkt - der Wert der Dampfmaschine erhöht sich durch die originale Beschreibung enorm. -
Der Gasbrenner und der Gastank - die Befeuerung des Kessels:
Der Brenner für die Befeuerung des senkrecht stehenden Rauchrohr-Kessels ist ein Injektorbrenner und für den Betrieb mit Propan/Butan-Gas-Gemisch (Feuerzeuggas) ausgelegt. Bei dieser Maschine lagen zwei Brennerrohre bei - ein langes und ein kurzes. Das lange Mischrohr stammt aus dem Zubehör von Krick und war als Nachrüstsatz gedacht. Man hatte bei Krick Beschwerden über Flammenrückschläge erhalten und verlängerte das Mischrohr um ca. 2cm. Das kurze Mischrohr durfte nur mit einem Wärmeschutz (-Blech) am Gastank betrieben werden. Durch die längere Bauart und somit vergrößerte Fläche wird das Mischrohr nun besser gekühlt und Flammenrückschläge werden hierdurch verhindert. Dies ist keine Weisheit von mir, sondern stand auf einem originalen Beipackzettel, den ich noch im Karton gefunden habe.
Die Teile auf dem Bild von Links nach rechts:
Brenner-Mischkopf mit Flammenkamm (hier kommt die Flamme raus) | das lange Mischrohr mit Injektorbohrungen und Düse | der Gastank mit obigem Füllventil für Feuerzeuggas-Nachfüllflaschen | ganz rechts das Gas-Absperr- und Regulierventil.
Der Gastank ist aus massivem Messing gedreht und mit 20bar geprüft. Er ist 70mm lang und hat einen Durchmesser von 40mm - das ergibt eine mittlere Baugröße mit einem Fassungsvolumen von ca. 175 Kcm (175 ml) Gas. Untypisch für solche Tanks - er besitzt ein durch den Tank angebrachtes Ventil. D.h. - die Ventilspindel drückt beim Drehen auf den gegenüberliegenden Ventilsitz im Tank. Hierdurch ist es möglich, den Brenner direkt am Tank anzuschrauben. Wenn man den Gastank an einer anderen Stelle positionieren muss, kann an das M5 Gewinde des Tanks ein im Zubehör erhältliches Gasrohr geschraubt werden, dass dann zum Brenneranschluss führt. Kleiner Nachteil des Gastanks - er besitzt kein Entlüftungsventil, dass beim Befüllen manchmal recht hilfreich sein kann - dieses besitzen aber viel andere Typen auch nicht.
Fortsetzung folgt!